Auszug aus: Heidemarie Brosche, Kinder- und Jugendbuch schreiben und veröffentlichen. Autorenhaus Verlag, 4. Auflage 2013

Nicht zuletzt zog ich noch einen Gewinn ganz anderer Art aus der Seminarwoche. Ich freundete mich mit einigen der teilnehmenden Autorinnen an, ganz besonders aber mit einer jungen Frau, die damals noch in einem der neuen Bundesländer lebte. Sie hatte es zu DDR-Zeiten geschafft, sich als freie Autorin, vor allem im Bereich Hörspiel, zu etablieren. Nun hatte sie sich an Kinderbücher gewagt und war – sehr zu ihrer Freude, so wie ich – für das Seminar ausgewählt worden.

Die Freundschaft zu dieser jungen Frau namens Astrid Rösel hat nicht nur die seit damals vergangenen fünfzehn Jahre überdauert, sondern sie hat uns beiden in diesen Jahren sehr geholfen. So oft wir konnten, sandten wir uns gegenseitig unsere neuesten Texte und kritisierten, was das Zeug hielt. Wir wurden uns gegenseitig zu (nahezu) allzeit verfügbaren und (nahezu) unersetzlichen Lektorinnen. Dass Astrid kurz nach dem Seminar auch noch in meine Nähe zog, ermöglichte uns eine stete, fruchtbare Zusammenarbeit. Jede Menge Projekte haben wir seit damals gemeinsam angepackt. Jede Menge Höhen und Tiefen haben wir miteinander durchlebt. Und jede Menge deprimierender Schaffenskrisen dank dem Zuspruch der anderen durchgestanden.

Eine gute Freundschaft zu einem Menschen »aus der Branche« ist mehr als Gold wert, denn sie bringt einem Autor jede Menge Vorteile:

  • Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch
  • wertvolle Anregungen
  • Hilfe und Rat
  • Trost bei Misserfolgen
  • kein Vereinsamen im stillen Kämmerlein
  • Natürlich fällt einem solch eine Freundschaft nicht in den Schoß. Und natürlich ist sie nicht im Preis eines Autorenseminars inbegriffen. Überhaupt lassen sich Freundschaften ja nicht erzwingen. Aber wer grundsätzlich bereit dazu ist, kann die Chancen auf eine Freundschaft unter Kollegen erhöhen.

    So wichtig wie im ganzen Leben: Nicht nur nehmen, sondern auch geben! Das kann im Extremfall eben schon mal bedeuten, dass die Freundin-Kollegin schon zum zweiten Mal innerhalb eines Monats auf die Kritik eines neuen 100-Seiten-Textes wartet, während Sie selbst ihr gerade ein dreiseitiges Kindergeschichtlein mit der Bitte um Beurteilung haben zukommen lassen. Aber irgendwann wendet sich das Blatt wieder, und dann freuen Sie sich, wenn da jemand ist, der Ihr Werk nicht gelangweilt zur Seite legt, sondern sich die Mühe macht, Ihr Werk auf Herz und Nieren zu prüfen.

    Und wenn Sie selbst – eben auf Grund der Freundschaft, die eine Rivalität nicht aufkommen lässt – es sich zueigen gemacht haben, sich mit Ihrer Freundin und Kollegin über Erfolge mitzufreuen, dann haben Sie öfter was zum Freuen. Und umgekehrt.

    Selbstverständlich gilt auch der Satz vom geteilten Leid. Ein Autor kann nun mal viel besser nachvollziehen, welch seelischer Tiefschlag in der siebten Absage auf das mit soviel Engagement geschriebene Werk stecken kann. Er kennt dieses vernichtende Gefühl, kann also aufbauend wirken. Nach Misserfolgen Jammertiraden anhören, Mut machen, zum Lachen bringen – dies alles können »normale« Freunde natürlich auch. Aber ungleich kompetenter können es – das ist meine ganz persönliche Erfahrung – Freunde, die auch schreiben.

    Vielleicht fragen Sie sich nun: Alles recht und schön, aber woher, bitteschön, soll ich einen solchen Freund bekommen? Natürlich kann ich Ihnen keine Patentlösung anbieten, aber ich kann Sie nur noch mal ermutigen, jede Chance auf Fortbildung zu nutzen. Fortbildungsseminare, von denen Sie sich angesprochen fühlen, sprechen vermutlich auch Leute an, die sich in ähnlicher Situation wie Sie selbst befinden.

    Hier noch der Link zur Website von Heidemarie Brosche: www.h-brosche.de.